Die Tintenfassmadonna im Hildesheimer Dom
Die als „Tintenfassmadonna“ bezeichnete Marienstatue im Hildesheimer Dom wurde um 1430 von einem unbekannten niedersächsischen Bildhauer geschaffen.
Die im gotischen S-Schwung dargestellte Standfigur der Muttergottes ist aus Holz gefertigt und mit Sockel etwa 180 cm hoch. Mutter und Sohn schauen mit anmutigen Gesichtern auf den Betrachter herab. Maria trägt im linken Arm ihren mit Schreibfeder und Schreibrolle ausgestatteten Sohn. Bekleidet ist sie mit einem blauen Mantel über einem eng anliegenden rosafarbenen Untergewand. Sie trägt eine mächtig wirkende Krone. Diese läuft an dem jeweiligen oberen Ende der Kronenspitzen zu einem dreiteiligen Blatt zusammen, was als Symbol für die Dreifaltigkeit gedeutet wird. Mit ihrer rechten Hand reicht sie ihrem Sohn das Tintenfass. Das nackte Jesuskind auf Mariens linkem Arm hält den Federkiel, mit dem er auf einer langen Pergamentrolle schreiben will.
Das Motiv des schreibenden Jesusknaben auf dem Arm seiner Mutter ist eher selten und hat keinen biblischen Bezug. Das Thema gehört zu den Motiven des lernenden Jesuskindes, das sich im Mittelalter als eigene erzählende Geschichte entwickelt hat. Eine Variante, das Motiv des schreibenden Christuskindes zu deuten ist die, dass Christus schon als Kind über göttliche Weisheit verfügte.
500 Jahre lang schmückte die „Tintenfassmadonna“ den alten Sitzungssaal des Domkapitels. Von 1960 bis zum Beginn der Sanierungsarbeiten im Jahr 2010 hatte sie ihren Platz am südlichen Vierungspfeiler. Frisch restauriert ist sie nun am nördlichen Pfeiler der Vierung zu sehen.